Leben und Arbeiten im Camper findet auf begrenztem Raum statt, doch die Flexibilität bei der Ortswahl eröffnet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. Coralie und John sind Vanlife Nomaden und zusammen mit ihrem Hund Bubi auf einer Reise, die Coralie auf ihrem Instagram-Profil dokumentiert. Nach fast einem Jahr “on the road” berichten die beiden jetzt im Interview auf Reise-Liebe von ihren Erfahrungen als digitale Nomaden.
Einblicke in das Leben zweier Vanlife Nomaden
Reise-Liebe: Warum habt ihr euer sesshaftes Leben aufgegeben und seit wann seid ihr nomadisch auf Reisen?
Coralie und John: Seit fast einem Jahr leben wir Vollzeit im Bus. Wir wollten dem “Hamsterrad” entfliehen und unser Leben so gestalten, wie und wo wir es uns schon immer gewünscht haben.
Reise-Liebe: Gab es vor eurem Aufbruch Ängste und Befürchtungen, die euch zurückgehalten haben?
Coralie und John: Ja, die Sicherheit gegen die absolute Freiheit zu tauschen, war einerseits die größte Angst und andererseits der größte Traum. Für uns war es der richtige Weg!
Reise-Liebe: Welche eurer negativen Gefühle sind Realität geworden?
Coralie und John: Bisher gab es noch keine, zum Glück. Man findet immer einen Weg.
Reise-Liebe: Wie hat euer soziales Umfeld auf eure Entscheidung, anders zu leben, reagiert?
Coralie und John: Zum größten Teil positiv, was uns sehr überrascht hat, da wir uns viele Gedanken darüber gemacht haben, wie unser Umfeld auf unseren neuen Lebensabschnitt reagiert. Unser Umfeld unterstützt uns in jeder Hinsicht!
Reise-Liebe: Wie generiert ihr euer Einkommen?
Coralie und John: Wir haben damals unsere Wohnungseinrichtungen verkauft und Geld gespart, damit wir ein kleines Startkapital haben. Mittlerweile arbeiten wir remote als virtuelle Assistenten. Das heißt, wir unterstützen Unternehmen und Privatpersonen für einen bestimmten Zeitraum bei Recherche-Arbeiten, Statistiken, Telefonaten oder Social Media. Zum Beispiel posten wir für Firmen oder lesen und beantworten Nachrichten.
Reise-Liebe: Habt ihr auch Hobbys, denen ihr unterwegs gut Zeit widmen könnt? Oder Hobbys, die sich jetzt schwer praktizieren lassen?
Coralie: Unser Hobby war schon immer das Reisen, die Welt entdecken. Das machen wir nun Vollzeit! Außerdem surft John für sein Leben gerne. Wenn wir an der Küste sind, sucht er immer nach der besten Welle. In den Bergen funktioniert das leider nicht. Ich liebe es zu fotografieren, Natur und Tiere. Meinem Hobby kann ich überall nachkommen, zum Glück. Gemeinsam gehen wir auf Wanderungen und Spaziergänge mit unserem Hund.
Reise-Liebe: Was sind eurer Meinung nach die größten Herausforderungen, mit denen euch das digitale Nomadentum konfrontiert?
Coralie und John: Für uns war es die Suche nach einem passenden Job. Wir wollten etwas machen, das nicht nur Geld bringt, sondern etwas, hinter dem wir auch mit einem guten Gewissen stehen können.
Reise-Liebe: Welche positiven Veränderungen haben sich durch eure Reise ergeben?
Coralie und John: Uns ist viel bewusster geworden, was wir wirklich im Leben brauchen und was nicht. Auch unser Zusammenleben hat sich positiv verändert, wir sind näher aneinander gerückt.
Reise-Liebe: Gab es auch schlimme Erlebnisse? Wenn ja, welche?
Coralie und John: Leider mussten wir auch erfahren, wie es ist, ausgegrenzt zu werden. Teilweise wurden wir in den spanischen Supermärkten mit rassistischen Aussagen konfrontiert. In Marseille wurde versucht, in unseren Van einzubrechen, zum Glück ist ihnen das nicht gelungen.
Reise-Liebe: Habt ihr auf eurer Reise Fehler gemacht, die ihr im Nachhinein vermeiden würdet?
Coralie und John: Ja, wir wollten in kürzester Zeit viel sehen. Nun haben wir für uns festgestellt, dass langsamer reisen viel effizienter ist. Und das nicht nur finanziell.
Reise-Liebe: Was würdet ihr anderen Menschen raten, die noch mit dem Gedanken spielen, digitale Nomaden zu werden?
Coralie und John: Einfach machen! Es ist immer eine Erfahrung wert.
Man kann damit beginnen, Teilzeit zu reisen. Mal ein Wochenende, dann vielleicht eine Woche, um für sich selbst festzustellen, ob es das Richtige für einen ist.
Reise-Liebe: Welche Dinge sind ein absolutes Muss auf eurer Packliste?
Coralie und John: Da wir oft in wärmeren Ländern unterwegs sind, sind unsere kleinen mobilen Klimaanlagen, die wir mit unserer Solaranlage laden, ein Gadget, auf das wir nie wieder verzichten wollen!
Reise-Liebe: Gibt es Orte, die einen besonderen Reiz auf euch ausüben und an die ihr öfters zurückkehrt? Wenn ja, warum?
Coralie und John: Andalusien! Die Weite, die Landschaft, hat uns absolut beeindruckt und uns selbst finden lassen.
Reise-Liebe: Wie sichert ihr euch eure Unterkünfte auf Zeit?
Coralie und John: Oft stehen wir frei. Manchmal schauen wir bei “park for night” nach einem günstigen Stellplatz. Wir stehen auch total gerne bei Menschen, die ihr Land für Camper für einen kleinen Preis anbieten.
Reise-Liebe: Habt ihr ein Lebensmotto oder ein Zitat, das euch inspiriert?
Coralie und John: „Find your way back to slow and simple.” Heutzutage leben wir in einer absoluten Wegwerfgesellschaft, doch all die materiellen Dinge geben einem nicht das, was man wirklich braucht, um glücklich zu sein. Zumindest sehen wir das so.
Reise-Liebe: Erfüllt euch euer Reise-Leben oder habt ihr das Bedürfnis, irgendwann wieder sesshaft zu werden? Aus welchen Gründen?
Coralie und John: Momentan wollen wir auf Reisen bleiben. Irgendwann wollen wir ein Grundstück haben, das wir als Base nutzen. Von dort aus werden dann unsere weiteren Reisen starten. Das Land wollen wir auch anderen Reisenden zur Verfügung stellen.
Vanlife Trend – weitere rollende Zuhause
Willst du auch nomadisch leben und fragst dich, welche Art des Reisens die richtige für dich ist? Manche digitalen Nomaden buchen ihre Unterkünfte über bekannte Reiseportale, während andere sich beispielsweise auf Housesitting spezialisiert haben. Das höchste Maß an Freiheit genießen wohl Vanlife Nomaden, die in allen Altersklassen unterwegs sind. Ein sehr gutes Beispiel für die Generation 60+ sind Gina und Marcus, die schon seit mehreren Jahren über ihre Reisen bloggen und im Interview Rede und Antwort stehen.
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