Digitale Nomaden in Brasilien: 16 Fragen an Dominik Kienzle

Digitale Nomaden in Brasilien

Den nasskalten, dunklen Winter in Deutschland über sich ergehen lassen? Das wäre für Dominik Kienzle aus München inzwischen ein Graus. Auf seinem Blog Freiheitsrebell gibt er freiheitsliebenden Menschen Insider-Tipps für ein nomadisches Leben. Außerdem lässt er im exklusiven Interview mit Reise-Liebe durchblicken, dass digitale Nomaden in Brasilien sehr glücklich werden können.

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Digitale Nomaden in Brasilien – raus aus der Kälte

Reise-Liebe: Warum hast du dein sesshaftes Leben aufgegeben und seit wann bist du nomadisch auf Reisen?

Dominik: Mein Ziel war schon immer, dem Winter in Deutschland zu entfliehen. Das war meine größte Motivation. Es gib für mich fast nichts Schlimmeres, als monatelang zu frieren, kaum die Sonne zu sehen und viel zu lange auf den viel zu kurzen Sommer warten zu müssen. Das Leben ist zu kurz dafür. Zudem wollte ich aus meiner Komfortzone ausbrechen, neue Länder bereisen und einfach ein komplett anderes Leben führen, als die Gesellschaft es von einem erwartet. Mittlerweile bin ich seit fast anderthalb Jahren als digitaler Nomade unterwegs und genieße mein Leben zwischen Meer und Palmen.

Reise-Liebe: Gab es vor deinem Aufbruch Ängste und Befürchtungen, die dich zurückgehalten haben?

Dominik: Da ich bereits vor meinem Aufbruch selbstständig war und von überall aus arbeiten konnte, haben sich Existenzängste oder dergleichen in Grenzen gehalten. Meine einzige Befürchtung war, dass ich Heimweh bekomme, so schnell wie möglich wieder zurück nach Deutschland möchte und es bereuen könnte, alles aufgegeben zu haben.

Reise-Liebe: Welche deiner negativen Gefühle sind Realität geworden?

Dominik: Keine. 😉 Ich versuche, negativen Gefühlen ohnehin keinen Raum zu geben, da ich weiß, dass ich Negatives sonst in mein Leben ziehe. Und das möchte ich nicht. In den letzten Jahren habe ich gelernt, dass es für alles eine Lösung gibt.

Reise-Liebe: Wie hat dein soziales Umfeld auf deine Entscheidung, anders zu leben, reagiert?

Dominik: Ich kenne niemanden, der negativ reagiert hat. Vielleicht haben sich einige ihren Teil gedacht, aber zu Ohren ist mir nichts gekommen. Im Gegenteil. Die meisten nahestehenden Menschen bewundern meinen Mut.

Reise-Liebe: Wie generierst du dein Einkommen?

Dominik: Ich bin als SEO-Freelancer tätig und unterstütze meine Kunden dabei, mit ihrer Website besser auf Google gefunden zu werden und so mehr Umsatz zu generieren. Mehr als meinen Laptop und eine stabile Internetverbindung benötige ich also nicht, um unterwegs Geld zu verdienen. Aktuell tausche ich noch Zeit gegen Geld. Das möchte ich aber unter anderem mit meinem Blog ändern und mir ein passives Einkommen aufbauen.

Reise-Liebe: Hast du auch Hobbys, denen du unterwegs gut Zeit widmen kannst? Oder Hobbys, die sich jetzt schwer praktizieren lassen?

Dominik: Ich lese wahnsinnig gerne. Ich liebe es auch, Unternehmen zu analysieren und in Aktien zu investieren. Seit ich unterwegs bin, nehme ich mir mehr Zeit dafür. Klingt fast schon wie ein Widerspruch, aber als ich noch sesshaft war, hatte ich dafür einfach keine Zeit. Ständig gab es Ablenkungen.

Reise-Liebe: Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen, mit denen dich das digitale Nomadentum konfrontiert?

Dominik: Als digitaler Nomade lernt man unglaublich viele Leute kennen. Doch für mich ist es schwer, tiefe Freundschaften zu schließen. Nicht, weil ich ein komischer Kauz bin (na ja, vielleicht ab und zu), sondern weil die Zeit dafür einfach nicht reicht. Als sesshafter Mensch kann man Freundschaften vertiefen, da man viel mehr Zeit miteinander verbringen kann. Auf Reisen finde ich es sehr schwer. Oft bleibt es nur bei Bekanntschaften.

Reise-Liebe: Welche positiven Veränderungen haben sich durch deine Reise ergeben?

Dominik: Ich habe angefangen, Portugiesisch zu lernen. Das hält mich auch richtig auf Trapp und fordert mich. Zudem habe ich das Gefühl, dass ich enorm gewachsen bin. Da auf Reisen nicht immer alles so verläuft, wie man es sich wünscht und oft unerwartete Dinge passieren, bin ich viel lockerer geworden. Denn ich weiß einfach: Es passiert nichts ohne Grund und es geht immer weiter. Ich rege mich auch viel weniger auf als noch für wenigen Jahren.

Außerdem habe ich gemerkt, wie wenig man eigentlich im Leben braucht und dass materielle Gegenstände nur begrenzt glücklich machen. Es sind Momente und tolle Menschen.

Remote Work in Brasilien
Samadhi Village in Brasilien ist ein Paradies, Foto: Dominik Kienzle

Reise-Liebe: Gab es auch schlimme Erlebnisse? Wenn ja, welche?

Dominik: Ich habe zum Glück nichts Schlimmes erlebt. Zugegebenermaßen bin ich aber auch niemand, der es darauf ankommen lässt. Ich begebe mich nur sehr ungern in Gefahr. Ich mag es ruhiger und gehe oft auf Nummer sicher. Vor allem hier in Brasilien.

Reise-Liebe: Hast du auf deiner Reise Fehler gemacht, die du im Nachhinein vermeiden würdest?

Dominik: Zu Beginn meiner Reise hatte ich einen einzigen Laptop, mit dem ich gearbeitet habe. Ich dachte, dass das reicht. Da dieser aber unterwegs kaputt gegangen ist, stand ich plötzlich dumm da und konnte nicht arbeiten und somit kein Geld verdienen. Und das in Südamerika! Deshalb habe ich jetzt immer einen Ersatz-Laptop dabei. Sicher ist sicher.

Reise-Liebe: Was würdest du anderen Menschen raten, die noch mit dem Gedanken spielen, digitale Nomaden zu werden?

Dominik: Just do it! Das Leben ist zu kurz, um es 365 Tage im Jahr im selben Land, am selben Ort und immer wieder im gleichen Bett an dir vorbeiziehen zu lassen. Zurück kannst du immer. Vor allem wenn du noch jung und ungebunden bist. Später hast du vielleicht Kinder oder bist körperlich nicht mehr in der Lage. Du hast nichts zu verlieren. Im Gegenteil! Du kannst nur gewinnen.

Such dir also ein geiles Land aus, buch dir deinen Flug, packe deine wichtigsten Sachen ein und genieße dein Abenteuer. Wenn es dir nicht mehr passt, mach einen neuen Plan. Solange du immer in der Lage bist, Geld für deinen Lebensunterhalt und vor allem für ein Rückflugticket zu verdienen, kann dir nichts passieren.

Reise-Liebe: Welche Dinge sind ein absolutes Muss auf deiner Packliste?

Dominik: Abgesehen von meinen Arbeitsunterlagen und sonstigen Sachen für meinen täglichen Bedarf sind es definitiv Ohropax. Ich habe große Probleme, bei Geräuschen einzuschlafen. Auch wenn sie noch so leise sind. Ich höre sogar Flöhe husten.

Reise-Liebe: Gibt es Orte, die einen besonderen Reiz auf dich ausüben und an die du öfters zurückkehrst? Wenn ja, warum?

Dominik: Brasilien. Vor allem an der Küste im Bundesstaat Bahia. Dieses Flair hier ist unbeschreiblich. Das ganze Jahr schönes Wetter und die leckersten Kokosnüsse. Die Brasilianer wissen, wie man das Leben genießt.

Samadhi Village
Palmen in Samadhi Village, Foto: Dominik Kienzle

Reise-Liebe: Wie sicherst du dir deine Unterkünfte auf Zeit?

Dominik: Airbnb oder ich schreibe die Hosts selber an. Oft sind es Empfehlungen von Freunden und Bekannten.

Reise-Liebe: Hast du ein Lebensmotto oder ein Zitat, das dich inspiriert?

Dominik: Im Hafen ist ein Schiff sicher, allerdings wurden Schiffe nicht dafür gebaut! (Grace Hopper)

Reise-Liebe: Erfüllt dich dein Reise-Leben oder hast du das Bedürfnis, irgendwann wieder sesshaft zu werden? Aus welchen Gründen?

Dominik: Ich reise sehr langsam. Das bedeutet, dass ich auch mehrere Monate an einem Ort bleibe. Da ich Routinen benötige, um produktiv und glücklich zu sein, kann ich es mir vorstellen, in ein paar Jahren wieder komplett sesshaft zu werden. Aber nicht mehr in Deutschland. Ich liebe das Land zwar, aber das graue und kalte Wetter von Oktober bis April halte ich nicht mehr aus.

Mein Traum ist es, irgendwo in den Tropen ein Grundstück zu kaufen und jeden Tag Gemüse und Obst in meinem Garten zu ernten. Ich vertraue sehr meinem Gefühl. Es wird mir sagen, wann und wo der perfekte Ort ist. Bis es so weit ist, bereise ich weiter die Welt.



Weitere Interviews mit digitalen Nomaden

Digitale Nomaden in Brasilien und anderen Ländern bekommen auf Reise-Liebe eine Plattform, um über ihren Lebensstil zu berichten. Jeder geht seinen eigenen Weg. Zum Beispiel reist Vanessa als Housesitterin durch Deutschland und Europa, während Coralie und John in ihrem Van ein rollendes Zuhause gefunden haben. Dass nicht nur junge Erwachsene digitale Nomaden werden können, stellen Gina und Marcus unter Beweis. Das Reiseblogger-Paar hat mit über 60 den Vanlife-Trend für sich entdeckt.

Bist du ebenfalls nomadisch unterwegs und möchtest ein paar Einblicke in deinen Alltag teilen? Das Beantworten der 16 Fragen ist absolut kostenfrei und dient Reiselustigen auf dem Sprung ins digitale Nomadentum als Quelle der Inspiration. Worauf wartest du also noch? Schreib eine Nachricht an info@reise-liebe.com oder bekunde dein Interesse über das Kontaktformular. (as)

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