Als ich im März 2012 mit dem Eurocity von Berlin nach Prag reise und Dresden hinter mir gelassen habe, werden mein damaliger Freund und ich von der Landschaft ab Pirna mega-überrascht: Neben den Bahngleisen fließt die Elbe vorbei an idyllischen Bilderbuchorten am Fuße der Hänge bewaldeter Berge. Zwischen den Bäumen ragen mächtige braune Felsen durchs Grün und wir fassen den Entschluss, dass wir bald zum Wandern in die sächsische Schweiz zurückkehren werden.
Es soll sechs Jahre dauern, bis ich den Plan alleine realisiere – zu Pfingsten 2018. Meine Mutter hat mal wieder Angst um mich, weil sie mich wohl immer noch für Rotkäppchen hält und glaubt, dass hinter den Felsen im Elbsandsteingebirge böse Wölfe nach mir lechzen. 😉 Weit gefehlt – die sächsische Schweiz ist ein beliebtes Urlaubsgebiet, erst recht an den Feiertagen im Mai, und da sind viele Wanderer in den Wäldern bei Bad Schandau unterwegs.
Tagestouren finden beim Experten
Es fällt mir auch leicht, eine auf meine Kondition zugeschnittene Tagestour zu finden. Bei Google gebe ich einfach wandern sächsische Schweiz ein und lande bei Outdooractive, einem Online-Portal mit wertvollen Tipps für Wanderer und andere Outdoor-Sportler. Die Tour-Infos drucke ich mir einfach aus und lasse mich im Gelände von der Beschreibung leiten.
Los geht’s am Parkplatz am Ortsausgang von Ostrau. Dieser höher gelegene Ortsteil von Bad Schandau ist ein Knotenpunkt für einige Wanderwege, die alle farblich markiert sind. So behält man in der Wildnis leicht die Orientierung, außerdem tun die zahlreichen Wegweiser Ihr Übriges. Selbst wenn man mal von der geplanten Route abkommen sollte, Verlaufen wie bei „Hänsel und Gretel“ ist im Elbsandsteingebirge echt schwierig!
Wandern sächsische Schweiz: Felsen
Ich folge also erst einmal dem Weg mit dem grünen Punkt und treffe eine Mutter mit zwei kleinen Töchtern, die sich zufällig genau die gleiche Routenbeschreibung ausgedruckt hat wie ich. Im Laufe des Tages begegnen wir uns immer wieder und helfen uns gegenseitig, sobald uns die Anweisungen auf dem Papier unklar erscheinen.
Das erste Highlight der Wanderung ist der mächtige Falkenstein, an dessen Felswand sich Kletterer nach oben hangeln. Nicht nur Wanderer zieht die sächsische Schweiz magisch an, diese Region gilt auch als eines der Kletterparadiese in Deutschland. Kein Wunder: Sogar mitten im Wald tun sich wuchtige, moosüberwucherte Felsmassive auf. Ich fühle mich wie in einer sagenumwobenen Märchenwelt, wo hinter dem nächsten Sandsteinbrocken Zwerge und Trolle lauern. Die Schönheit der Natur übertrifft all meine Erwartungen!
Eine so felsige Landschaft ist natürlich auch von Steinen, Steigungen und Abstiegen geprägt – mir macht es nichts aus, denn ich kenne felsige Wanderwege bereits aus Kroatien. Mit diesem Vorwissen habe ich eine große Flasche Wasser eingepackt. Die brauche ich auch unterwegs – mehr als Essen.
Schrammstein-Aussicht
Nachdem ich eine Felsenforte – das bombastische Schrammtor – durchschritten habe, stehe ich bald vor dem Aufstieg zu einem Highlight der sächsischen Schweiz: der Schrammstein-Aussicht. Der Andrang an dem Naturphänomen Schrammsteine ist riesig! Wie Ameisen klettern Wanderer über Leitern, Fels- und Metalltreppen am Felsmassiv empor. Ich habe Glück, dass der Boden trocken ist, bei Regen bestünde hier echt Rutschgefahr! Bei schönem Wetter braucht man sich aber gar nicht zu fürchten – es gibt überall Geländer, an denen man sich gut festhalten kann.
Sogar eine ganze Menge Eltern mit Kindern unter zehn Jahren machen Wanderungen in diesem Gebiet. Der Nachwuchs springt wie Gämsen über die Felsen und die Mädels der oben genannten Mutter kreischen: „Wir wollen Leitern!“
Die schweißtreibenden Kletterpartien werden beim Wandern in der sächsischen Schweiz mit phänomenalen Ausblicken belohnt, einer unglaublichen Weite, in der ich die Arme spreize und mir vorstelle zu fliegen. Richtige Abenteurer erklimmen im Schrammstein-Massiv einen schmalen Felskegel und setzen sich oben auf die Spitze. Das können aber sicher nur Profis mit der entsprechenden Ausrüstung.
Abgrund in der Wilden Hölle
Nach der Schrammstein-Aussicht marschiert man durch einige weitere Gebirgspanoramen wie die Carolafelsen, überquert Leitern und Treppen und landet plötzlich in der Wilden Hölle. Ich denke noch nicht an den Teufel, als ich von ihr in der ausgedruckten Routenplanung lese, auch nicht beim Hinweis „schwierig“ auf dem Wegweiser im Wald. Nicht einmal der unebene, steinige Abstieg zwischen Bäumen und nassen Felswänden beeindruckt mich mit seiner Schwierigkeit und nach einem Sturz auf den Allerwertesten erhebe ich mich sofort wieder.
Plötzlich stehe ich an einem Abgrund: Der Blick auf die Felsen ist so eindrucksvoll, dass ich am liebsten fotografieren möchte, aber ich wage es nicht. Jetzt muss ich mich an Steigeisen im Stein am Massiv entlanghangeln, einen anderen Weg gibt es nicht – unter mir nur die Tiefe. Aus einem Alptraum Anfang des Jahres kenne ich die Szene bereits, damals habe ich den Weg unverletzt überlebt. Jetzt auch und das Adrenalin sprudelt nur so aus mir heraus! Am Ende dieser Wanderung brauche ich auf jeden Fall ein riesiges Eis mit Erdbeeren und eine große Portion Pasta.
Wandern sächsische Schweiz: Anreise
Zum Essen zieht es mich nach dem Wandern zurück ins Tal nach Bad Schandau. Weil mir die Knie weh tun, nehme ich den historischen Personenaufzug. Er wurde zwischen 1903 und ’05 errichtet und überwindet 47,76 Meter – die Hin- und Rückfahrt kostet 2,80 Euro. Oben auf der Aussichtsplattform hat man eine tolle Aussicht auf Bad Schandau und das Elbtal. Geht man einige Schritte weiter in den Wald, erreicht man ein Luchsgehege, wo ich eine pinselohrige Katze beobachte. Sie putzt sich gerade wie ein richtiger Stubentiger!
Zwischen dem Bahnhof von Bad Schandau und dem Stadtzentrum verkehrt halbstündlich für 1,50 Euro pro Fahrtrichtung eine Fähre. Ich empfehle, das Boot zu nehmen, da man zu Fuß einen riesigen Umweg über eine Brücke machen müsste.
Hätte ich am Anreisetag auch schon von dem Personenaufzug nach Ostrau gewusst, wäre mir viel Stress und Schweiß erspart geblieben. Google Maps lotst mich ab Postelwitz über einen steilen, steinigen Wanderweg zu meiner Unterkunft – mit Rollenkoffer und Laptop im Rucksack! Ich schnaufe, fluche und wünsche mir einen starken Mann herbei. Aber ich schaffe es: Schließlich hat mir mein Herr Vater von klein auf beigebracht, dass Frau ihre Sachen alleine schleppt.
Empfehlenswerte Unterkunft
Zur Belohnung für diese Strapazen empfangen mich meine Gastgeber Tatiana und Willi Borchardt superherzlich. Ich habe in ihrem Einfamilienhaus mit Ferienwohnung das Gästezimmer im oberen Stockwerk gemietet. Nicht nur die Holzhaus-Gemütlichkeit, British Kurzhaar-Kater Mucki und die Sauberkeit sorgen für warme Erinnerungen – auch die Freundlichkeit des älteren Ehepaars.
Die beiden machen mir ein reichhaltiges Frühstück an einem liebevoll gedeckten Tisch und erlauben mir auch, Brote für die Wanderung zu schmieren. Willi Borchardt ist sehr gesprächig und gibt mir vor der Wanderung viele Tipps. Was will man mehr? Bei der nächsten Wanderung in der sächsischen Schweiz quartiere ich mich gerne wieder bei den Borchardts ein!
Bootstour auf der Elbe
Um die Schrammsteine und das Elbtal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten – von unten auf dem Fluss – mache ich Pfingstsamstag für 16,50 Euro eine Bootstour. Ein ziemlich teures Vergnügen, wenn man den Preis beispielsweise mit Bootsausflügen in Breslau vergleicht! Dafür bekommt man während der anderthalbstündigen Rundfahrt ohne Stopp aber auch so manches fantastische Fotomotiv präsentiert: die Schrammsteine oder sieben Fachwerkhäuser in Postelwitz, die „sieben Brüder“ heißen.
Ganz kurz reise ich wieder nach Tschechien – bis zum Grenzort Hřensko (zu Deutsch: Herrnskretschen), dort macht der Ausflugsdampfer eine Kehrtwendung und es geht zurück nach Bad Schandau. Eine lohnenswerte Einstimmung auf meine Wanderung im Elbsandsteingebirge! (as)
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Ziemlich beeindruckende Bilder und cooler Artikel! Nach dem Höhen-Abenteuer glaube ich sofort, dass du ein Eis mit Erdbeeren brauchst! 😀 Ich finde es richtig schön, dass du so tolle Gastgeber hattest! Da lernt man gleich noch etwas dazu, wenn man sich mit den Einheimischen gut versteht. 🙂
Liebe Grüße von Silvia von http://www.abenteuerzeilen.de