Sauna in Helsinki gehört einfach dazu, wenn du in die finnische Hauptstadt reist. Die Sauna ist ein fester Bestandteil der Lebenskultur in Finnland. Sie dient nicht nur der Entspannung, sondern auch der sozialen Zusammenkunft. Es kommt also vor, dass die Menschen beim Schwitzen angeregt miteinander plaudern und dabei das eine oder andere Bierchen trinken.
In früheren Zeiten brachten finnische Frauen in der Sauna sogar Kinder zur Welt. Ebenso wurden Verstorbene darin für die letzte Reise vorbereitet. Einst galt sie als spiritueller Ort der Reinigung. So verwundert es wenig, dass zahlreiche Mietshäuser in Finnland mit einer Sauna ausgestattet sind. Weil mir dieses Glück in meiner Airbnb-Unterkunft verwehrt bleibt, genieße ich die Sauna in Helsinki außerhalb und entdecke zwei angenehm verrückte Orte in der Stadt.
Sauna in Helsinki – das solltest du wissen
Falls du an die Saunakultur in Deutschland gewöhnt bist, ist es für dich wahrscheinlich normal, dass alle Besucher im Evakostüm schwitzen – unabhängig von ihrem Geschlecht. Während des Saunagangs wird es als höflich empfunden zu schweigen, denn man möchte ja entspannen und sich vom stressigen Alltag erholen. 15 Minuten pro Session, bis der Inhalt der Sanduhr durchgerieselt ist. In den deutschen Spaß- und Wellness-Thermen gibt es häufig einen Saunameister, der zu bestimmten Uhrzeiten Aufgüsse vor großem Publikum zelebriert.
In öffentlichen Saunen in Finnland herrscht strikte Geschlechtertrennung und Badekleidung ist ebenfalls erlaubt. Ein Handtuch auf die Holzbänke legen, bevor man sich setzt? Eher die Ausnahme. Die Finnen verzichten auf Sanduhren und bringen das Wasser auf dem Ofen ständig zum Zischen. In einer Sauna in Helsinki kann es passieren, dass du jede Minute einen Aufguss (finnisch: löyly) erlebst. Die Luftfeuchtigkeit steigt mächtig an, genauso die Hitze. Wie lange hältst du das durch? 15 Minuten? Wohl kaum! Es sei denn, du bist „finnisiert“ oder hart gesotten. Schon in der milden Sauna auf der Fähre von Travemünde nach Helsinki erzählt mir eine Finnin, dass ihre Landsleute häufige Aufgüsse mögen. Besuchst du die beiden Saunen, von denen ich dir im Folgenden berichte, erfährst du, wie Recht diese Dame hat.
Gemeinschaftsprojekt Sompasauna
Das Gemeinschaftsprojekt Sompasauna ist rund um die Uhr geöffnet – 365 Tage im Jahr. Es gibt kein Personal und alle Besucher dürfen die Öfen in den drei Schwitzkammern mit Holz befeuern. Der Eintritt ist frei, aber Spenden sind willkommen. Auf Duschen wird auf dem Gelände verzichtet. Nach dem Schwitzen können sich die Gäste sofort in der Ostsee abkühlen und für Toilettengänge gibt es ein Dixi-Klo.
Bevor ich diese Sauna in Helsinki zum ersten Mal besuche, kaufe ich mir ein Vorhängeschloss. Das ist notwendig, um Wertgegenstände in einem Holz-Spint einzuschließen. Auf der Website lese ich, dass es keine Geschlechtertrennung gebe und jeder die Freiheit habe, hüllenlos oder in Badeklamotten zu saunieren. Deshalb lasse ich meinen Badeanzug zu Hause und stelle in der Sompasauna fest, dass die wenigen Frauen auf dem Gelände fast alle Badesachen tragen. Unter den Männer ist der Anteil der Nackten und Angezogenen ungefähr 50:50. Als ich dann entblößt in eine Sauna voller Kerle stolziere, fühlt sich das verdammt unangenehm an.
Die schlechten Gefühle schmelzen glücklicherweise schnell dahin. Keiner macht anzügliche Bemerkungen. Es ergeben sich sogar freundliche Gespräche und Gelegenheiten, mein rudimentäres Finnisch zu üben. Quatschen in der Sauna? Das hatte ich eigentlich nicht vor. Dann ermahnt mich meine innere Stimme: „Lass dich darauf ein! Andere Länder, andere Sitten!“
Mir wird klar, dass mich die deutsche Saunakultur mein ganzes Leben lang geprägt hat und das finnische Original ganz anders ist. Man sitzt aufrecht beim Schwitzen, statt sich auf den Rücken zu legen. Für letzteres wäre in der gut besuchten Sompasauna eh kein Platz. 15 Minuten pro Saunagang schaffe ich auch nicht, weil ständig jemand die Aufguss-Kelle schwingt und die Temperatur in immer steilere Höhen treibt.
Zum ersten Mal mache ich die Beobachtung, dass manche Herren in der Sauna spitze, lustige Filzhüte tragen. Saunahüte seien gut fürs Gehirn, verrät mir einer von ihnen. Als ich hinterher recherchiere, erfahre ich, dass die Hüte die Kopfhaut vor Hitze schützen und den Trägern helfen, länger in der Sauna zu verweilen.
Ich akzeptiere, dass ich den Temperatur-Booster nur ein paar Minuten ertrage und stelle zu meinem Glück fest, dass die Sompasauna auch eine Musik-Ecke bietet – mit Klavier, Gitarre und Trommeln. Eingehüllt in mein Handtuch schnappe ich mir die Gitarre und trällere ein paar Songs, während der Saunahut tragende ältere Herr einer Säge Melodien entlockt. Er komme jeden Tag in die Sauna, sagt er, und zu Hause habe er eine noch größere Säge zum Musizieren.
Kotiharjun Sauna im Retro-Stil
Wenn du jetzt Lust auf eine unkonventionelle Sauna in Helsinki bekommen hast, empfehle ich dir, auch der Kotiharjun Sauna einen Besuch abzustatten. Im Erdgeschoss saunieren die Herren, im ersten Stock die Damen und der Eintritt kostet 15 Euro.
Als ich den Umkleideraum betrete, kann ich mir das Lachen kaum verkneifen. Das Mobiliar und die Teppichläufer wirken wie auf Großmutters Dachboden. Auf den altmodischen Tischen liegen gemusterte Wachstischdecken. Auch die Damensauna selbst ist eine Offenbarung: Sie erinnert mich an einen düsteren Kohlenspeicher mit Bänken bis steil unter die Decke. Wie in der Sompasauna wird mit Holz geheizt – das Industrial-Flair ist perfekt!
Ein Grüppchen finnischer Damen mit zahlreichen Tattoos an den molligen Körpern hat sich offenbar schon das eine oder andere Bierchen gegönnt. Anstelle einer Kelle nimmt eine den kompletten Eimer Wasser für den Aufguss. Beim nächsten Saunagang bearbeitet sie den Ofen minutenlang mit einem Schlauch. Plötzlich haben die Ladies sogar Birkenzweige, um sich gegenseitig abzuklopfen. Ich komme mir vor wie in einer Comedy-Show! Andere Besucherinnen anscheinend auch. Wir grinsen uns gegenseitig an und ich fühle mich wie im Theater – wie in einem sehr heißen, wohl gemerkt.
Ausruhen können sich Männlein und Weiblein zusammen vor der Eingangstür der Kotiharjun Sauna – direkt an der Straße, wo Passanten vorbeigehen. Selbstverständlich haben sich alle züchtig in ein Handtuch gehüllt und wer mag, der kann sich ein kühles Getränk kaufen. „Die spinnen, die Finnen“, denke ich, doch ich fühle mich ausgezeichnet und um eine Erfahrung reicher. Hast du auch schon Erfahrungen mit Sauna in Helsinki oder anderen Orten in Finnland gemacht? (as)
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