Wenn du Stockholm besuchst und Wikinger-Fan bist, solltest du die Chance ergreifen, eine der 15 schwedischen UNESCO-Welterbestätten zu erkunden. Birka wird manchmal als älteste Stadt Schwedens bezeichnet und ist ein ehemaliger Handelsplatz der Wikinger. Um die Überreste zu erreichen, musst du entweder eine touristische Bootstour buchen oder ein eigenes Boot besitzen. Das beliebte Ausflugsziel liegt nämlich auf der Insel Björkö im Mälarsee – rund zwei Stunden von Stockholm entfernt.
Bootsausflug nach Birka
Entscheidest du dich für einen organisierten Bootsausflug, beachte bitte, dass die Saison Ende September endet und im Frühling des kommenden Jahres neu beginnt. Ich habe Glück: Am 26. September 2021 scheint die Sonne, so dass ich das wunderschöne Wetter nochmal nutze. Weil ich gerade in Stenhamra auf Färingsö wohne, wäre es recht umständlich für mich, am frühen Morgen zum Startpunkt Klara Mälarstrand in Stockholm zu fahren.
Glücklicherweise gabelt das Boot unterwegs mehrmals Gäste auf, so dass ich in Jungfrusund auf der Insel Ekerö zusteigen kann. Falls du das ebenfalls vorhast, nimm den Bus 303 bis zur Haltestelle Jungfrusunds varv. Die Anlegestelle befindet sich hinter einem Minigolfplatz. Warum ich das erwähne? Ich bin bis zur Endhaltestelle Jungfrusund im Bus geblieben und habe knapp 20 Minuten Zeit, um den Pier ausfindig zu machen …
Da dort schon mehrere andere Passagiere auf das Ausflugsboot warten, schaffe ich es rechtzeitig. Ja, viele hatten die gleiche Idee wie ich, so dass es auf dem Sonnendeck recht „kuschelig“ ist. Trotzdem gelingt es mir noch, einen wunderbaren Platz in der Sonne zu ergattern. Es lohnt sich, im Freien zu sitzen statt überdacht im Barbereich, denn die Naturkulisse ist bei klarem Himmel ein blaues Träumchen. Eine Stunde und zehn Minuten genieße ich das Mälaren-Panorama mit grünen Inseln, beeindruckenden Felsen und malerischen schwedischen Holzhäusern. Gegen zwölf Uhr mittags legt das Boot auf Björkö an.
Birkas Wikinger-Museum
Eine Zeit, um sofort ins Wikinger-Restaurant im Hafen zu stürmen! Während sich vor dem Eingang eine Schlange bildet, sitze ich auf einer Bank am See und esse meinen selbstgemachten Salat. Danach geht es weiter ins Wikinger-Museum von Birka. Dort erfahre ich unter anderem von der stark ausgeprägten Gleichberechtigung der Geschlechter in der alten nordischen Kultur. Frauen zogen genauso in den Krieg wie Männer und trugen dabei farbenfrohe Uniformen, wie Nachbildungen im Museum andeuten. Der Hornhelm sei jedoch eine Fantasie aus den Opern von Richard Wagner, berichtet ein Guide.
Führungen im Preis inklusive
Ja, eine Führung ist im Ausflugspreis von 440 schwedischen Kronen (knapp 44 Euro) inklusive. Um 12:30 Uhr startet sie auf Englisch, um 13:45 Uhr auf Schwedisch. Ich schließe mich der englischsprachigen Tour an (was ich wegen der riesigen Menschenmenge und der knapp bemessenen Zeit auf Björkö nicht bis zum Schluss aushalte). Nichtsdestotrotz schnappe ich ein paar Fakten über Birka auf.
200 Jahre Birka
Die Stadt wurde um 750 nach Christi gegründet und existierte ungefähr 200 Jahre. In ihrer Blütezeit hatte sie bis zu 1.000 Einwohner, die Handel mit Kaufleuten aus ganz Europa und anderen Teilen der Welt betrieben. Wie der archäologisch geschulte Guide erzählt, ließen sich auch ausländische Handwerker auf Björkö nieder. Aufschlüsse über deren Herkunft geben die Ausgrabungen in den rund 3.000 Grabhügeln, über die wir im Laufe der Führung spazieren – zumindest über einige davon. „Gastarbeiter“ in Birka stammten zum Beispiel aus Deutschland und dem Orient.
Diese internationalen Gäste haben nicht nur Skelette, sondern auch wertvolle Schätze hinterlassen. Perlen, die in Birka als Zahlungsmittel verwendet wurden, arabisches Silber und osteuropäische Keramik gehören genauso zu den Funden wie Überreste von Tierfellen und edlen Stoffen aus Asien. Im Gegenzug handelten die Wikinger mit Pelzen, Eisen und Hörnern. Wenn sie nicht zur See fuhren, kümmerten sie sich um ihre Landwirtschaft am Ufer des Mälaren. Wie ihre Häuser und Stallungen wohl aussahen, zeigt der Nachbau eines Wikingerdorfes in der Nähe des Museums. Auffällig ist die fensterlose Bauweise, die wahrscheinlich in einer Zeit ohne Fensterscheiben am besten vor der nordischen Kälte schützte.
Der Heilige Ansgar
Zeitweise hatte der Handelsplatz eine Kirche aus Holz. Der Heilige Ansgar, ein deutscher Benediktinermönch, versuchte zweimal, Birkas Bewohner zu christianisieren. Im 9. Jahrhundert hatte ihn der schwedische König eingeladen, um den heidnischen Wikingern den christlichen Glauben schmackhaft zu machen. Während seines zweijährigen Aufenthalts errichtete Ansgar eine Kirche, doch nach seiner Rückkehr nach Norddeutschland habe er laut Angaben des Guides eine Nachricht erhalten: Sein Gotteshaus sei niedergebrannt. 20 Jahre später kehrte der Missionar zurück, um sein Glück zum zweiten Mal zu versuchen. Vergebliche Liebesmüh, denn auch die zweite Holzkirche ging in Flammen auf.
Obwohl Ansgar zu seinen Lebzeiten in Birka gescheitert war, wurde ihm zu Ehren auf Björkö das Ansgarkreuz errichtet – im Jahr 1834, rund 1.000 Jahre nach seinem Tod. Das Denkmal thront über dem Mälarsee, wo die Aussicht am besten ist. Im Blickfeld befindet sich die Nachbarinsel Adelsö mit der ehemaligen Königsresidenz Hovgården, die ebenfalls auf der Liste des UNESCO-Welterbes steht. Nur das Wasser des Mälarsees trennte den Wikingerkönig von Birka.
Die Überbleibsel von Birka
Am Kreuz reicht der Blick bis zur 1930 erbauten Ansgar-Kapelle im Inselinneren. Der „Apostel des Nordens“, der auch in Dänemark aktiv war, wäre sicher stolz auf seinen späten Ruhm in der Wikingerstadt! Bis zum Nachmittag durchquere ich sie auf eigene Faust. Übrig geblieben ist davon nur eine hügelige Wiese voller Steine und Schafkot. Ja, auf Björkö grasen Schafe; Holzgatter grenzen die Weiden voneinander.
Wahrscheinlich würde es sich lohnen, nach dem geschichtlichen Exkurs zu den Wikingern durch den Wald zu wandern, doch dafür reicht die Zeit leider nicht. Das Ausflugsboot verlässt Björkö um 15:30 Uhr. Möchtest du die komplette Insel kennenlernen, ist ein privates Boot die einzige Alternative. Dann kannst du dir im Sommer auch viel Zeit zum Baden im Mälaren nehmen und so lange auf den idyllischen Inseln bleiben, wie es dir gefällt. (as)
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