Litauen Radreise: Auf dem Eurovelo 10 von Klaipeda nach Lettland

Litauen Radreise

Litauen ist das erste von drei Ländern auf meiner großen Radreise durch das Baltikum Richtung Tallinn. Diese Fahrradtour soll ein herausforderndes Abenteuer für mich werden, doch das ahne ich zu Beginn auf dem Ostseeradweg Eurovelo 10 noch nicht. Meine Litauen Radreise fängt locker und entspannt an – auf einer komfortablen Fähre.

Per Fähre zur Litauen Radreise

Am 31. Mai 2025 radele ich in Kiel an Bord eines Schiffes nach Klaipeda. Gegen 23:30 Uhr sticht es in See, und als ich am nächsten Morgen im Bordrestaurant am Frühstückstisch sitze, gleitet die Fähre gemütlich an der Insel Bornholm vorbei. Bis kurz nach 20 Uhr osteuropäischer Zeit dauert die Reise nach Osten – viele Stunden, um leckeres Essen zu genießen, zu arbeiten oder einfach mal nichts zu tun. Dann geht die Reise von der Ostsee durch die Memel-Mündung zum Hafen, und die Litauen Radreise darf endlich starten.

Deutschlands nördlichste Stadt bis 1920

Die erste Etappe meiner Radtour in Litauen fahre ich erst am übernächsten Morgen – am 3. Juni 2025. Einen Tag habe ich Zeit, um die Hafenstadt Klaipeda und die Kurische Nehrung am gegenüberliegenden Ufer der Memel zu erkunden.

Es handelt sich um einen Ort, der vor Geschichte nur so strotzt und starke deutsche Wurzeln aufweist. Bis 1920 war Klaipeda sogar Deutschlands nördlichste Stadt und trug den Namen Memel. Obwohl im Zweiten Weltkrieg weite Teile der historischen Altstadt Bomben zum Opfer gefallen sind, gibt es noch ein paar Fachwerkhäuser im deutschen Stil.

Vor allem rund um den zentralen Theaterplatz werden die kulturellen Einflüsse deutlich. Vor dem neoklassizistischen Theater thront seit 1912 auf einem Brunnen die Skulptur eines Mädchens. Die Figur stellt Ännchen von Tharau dar – eine Hommage an den barocken Dichter Simon Dach (1605 – 1659), den Verfasser des Gedichts über Ännchen, der in Memel das Licht der Welt erblickt hat.

Durch Klaipedas alten Stadtkern schlängelt sich der Fluss Dané. Wer an seinem Ufer flaniert, der trifft auf ein imposantes Wahrzeichen der Stadt: das Segelschiff Meridianis. 1948 wurde es in der finnischen Hafenstadt Turku erbaut und ging zusammen mit anderen Holzschiffen in den Besitz der Sowjetunion über. Bis 1967 wurde es als Ausbildungsschiff für Kapitänsanwärter genutzt. Seit 1971 beherbergt das Schiff mit einigen Unterbrechungen ein Restaurant.

Segelschiff Meridianis in Klaipeda
Segelschiff Meridianis in Klaipeda, Foto: Reise-Liebe

Fahrrad-Ausflug zur Kurischen Nehrung

Mit meinem Fahrrad steuere ich zunächst ein ganz anderes Schiff an: Alle 30 Minuten überquert eine Fähre die Memel zur Kurischen Nehrung, wo der Eurovelo 10 in südliche Richtung bis Kaliningrad (früher Königsberg) verläuft. Diese Etappe merke ich mir für eine mögliche spätere Litauen Radreise, denn der Ostseeradweg führt autofrei durch lauschigen Wald an traumhaften Sanddünen vorbei.

In der Nähe des Fähranlegers befindet sich der endlos breite weiße Strand Smiltynè – eine kinoreife Ostsee-Idylle für lange Spaziergänge und Badetage, wenn man das Glück hat, auf dem Kurischen Haff hochsommerliche Temperaturen zu erleben.

Bei Ausflügen ist darauf zu achten, auf den ausgeschilderten Wegen zu bleiben. Im Nationalpark Kurische Nehrung stehen Flora und Fauna unter strengem Naturschutz. Radreisende haben wegen der hervorragenden Wegbeschaffenheit des Eurovelos aber gar keinen Grund, von der ausgeschilderten Route abzuweichen: Der Ostseeradweg ist asphaltiert und ermöglicht Genussradeln mitten in der Natur.

Wegbeschaffenheit auf der Litauen Radreise

Nachdem ich auf dem Eurovelo 10 in Polen im Sommer 2020 einige Herausforderungen gemeistert habe, überrascht mich der gut ausgebaute Fernradweg in Litauen. Im Stadtgebiet von Klaipeda treffe ich auf so viele Wegweiser, dass man wirklich „Tomaten auf den Augen“ haben müsste, um den Eurovelo zu verfehlen.

Sobald man die Stadt hinter sich gelassen hat, leiten die Schilder in einen Wald mit zahlreichen Sitzbänken für Trink- und Picknickpausen. Schnell wird mir klar: Auf Radreisen in Litauen wird für das Wohl der Fahrradfahrer gesorgt – zumindest auf dem vergleichsweise kurzen Streckenabschnitt, den ich während meiner Baltikum-Tour kennenlerne.

Kunst in Palanga
Kunst in Palanga, Foto: Reise-Liebe

Radtour zum Ostseebad Palanga

Während ich zwischen Klaipeda und dem Ostseebad Palanga auf kaum merklichen Anstiegen in die Pedale trete, erfreue ich mich an einer nahezu autofreien Strecke mit viel Grün um mich herum. Diese perfekten Fahrradstraßen erinnern mich an meine früheren Radtouren in Brandenburg, als ich glücklich war, Berlin für ein paar Stunden zu entkommen.

Einmal verfahre ich mich jedoch: An einem Bahnübergang strampele ich geradeaus weiter. Eigentlich müsste ich links abbiegen, aber zum ersten Mal lotst mich kein Wegweiser in die richtige Richtung. Also zurück, die Gleise überqueren, und – schwuppdiwupp – ist die Ausschilderung wieder vorhanden, ebenso die Traumstrecke zum Durchatmen.

Diese fantastische Art des Radwegs zieht sich bis nach Palanga. Das traditionelle Seebad besticht durch eine lange Promenade für beschauliche Spaziergänge und Fahrradausflüge mit der ganzen Familie. Weite Teile des Ortes sind in Strandnähe dicht bewaldet statt zugebaut. Zwischen Wald und Meer zieht sich der Eurovelo 10 über glatten Asphalt. Mit dem Duft von Kiefern in der Nase wünsche ich mir, meine Litauen Radreise würde ewig so wunderbar weitergehen wie seit dem Start in Klaipeda.

Es lohnt sich, in Palanga eine Nacht zu verbringen und über den langen Pier zu schlendern, sich im Zentrum Kitsch und Kunst anzuschauen und – wenn man mag – das eine oder andere Bernstein-Souvenir zu kaufen. In Palanga packe ich am Sandstrand meine Ukulele aus und singe aus voller Kehle beschwingte Lieder: zum Beispiel meinen Song „I Want to Ride my Bicycle“, den ich schon auf El Hierro geschrieben habe – voller Vorfreude auf meine lange Radreise durchs Baltikum. Alles wirkt so harmonisch wie in dem Lied – noch …

Pier in Palanga
Pier in Palanga, Foto: Reise-Liebe

Irrfahrt vor der lettischen Grenze

Litauen Radreise bis nach Lettland
An der Grenze zu Lettland, Foto: Reise-Liebe

Bereits am folgenden Tag soll meine Litauen Radreise enden. Bis zur lettischen Grenze ist es von Palanga nur ein Katzensprung. Nachdem ich mir an einem der zahlreichen Kaffeeautomaten am Eurovelo 10 einen Cappuccino genehmigt habe, radele ich so munter und fröhlich weiter wie am Vortag – bis ich die Ortschaft Šventoji hinter mir gelassen habe.

Plötzlich ist es vorbei mit Asphalt und optimaler Ausschilderung der Strecke. Ich finde mich auf einem Sandweg wieder, teilweise so tief, dass ich um Haaresbreite zur Seite wegrutsche. Ehe ich wie in Polen auf Sandwellen stürze, schiebe ich mein Rad und wäre glücklich, ein Fatbike unter dem Allerwertesten zu haben.

Dann folgt ein fliegender Wechsel zwischen Schotter und Aphalt, bis ich an eine Kreuzung gelange. Biege ich hier auf eine Landstraße für Kraftfahrzeuge ab oder radele ich geradeaus auf einem Waldweg weiter? Da mir kein Schild den weiteren Weg weist, entscheide ich mich für den Wald, anstatt einen Blick auf die Karte zu werfen.

Dieser logische Schritt hätte mir eine lange, nervenaufreibende Irrfahrt auf sandigen Waldwegen erspart und mich sofort zur Grenze zwischen Litauen und Lettland gebracht. Stattdessen wandere ich rund zwei Stunden im Kreis und bekomme einen Vorgeschmack auf meine weitere Radreise durch Lettland. Dies ist jedoch eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll (um es mit den Worten von Michael Ende auszudrücken).

Radreise in Litauen mit Annehmlichkeiten

Trotz der Strapazen kurz vor der Grenze zu Lettland bleibt mir die Litauen Radreise als entspannter Auftakt einer höchst abenteuerlichen Baltikum-Odyssee in Erinnerung. Die Wegbeschaffenheit und die Ausschilderung des Ostseeküstenradwegs sind sowohl zwischen Klaipeda und Palanga als auch auf der Kurischen Nehrung vorbildlich.

Annehmlichkeiten wie Sitzbänke, Toiletten, Kaffee- und Getränkeautomaten bescheren Radreisenden Komfort am Rande der Strecke. Solche Extras sind das i-Tüpfelchen auf der üppigen Natur, bevor sich in Lettland ein Kontrastprogramm offenbart … (as)

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